Wilhelm von Humboldt â BegrĂŒnder des modernen Gymnasiums
Das Leben Humboldts
Wilhelm Freiherr von Humboldt wurde am 22. Juni 1767 in Potsdam als Bruder des spÀteren Naturwissenschaftlers Alexander von Humboldt geboren und studierte Rechtswissenschaften an den UniversitÀten von Frankfurt an der Oder, Göttingen und Jena.
WĂ€hrend und nach den Napoleonischen Kriegen stand er im preuĂischen Staatsdienst und reformierte als Erziehungsminister das preuĂische Schul- und UniversitĂ€tswesen nach humanistischen Prinzipien.
1819 quittierte der liberal gesonnene Humboldt aus Protest gegen die Politik des Königs den Dienst als preuĂischer Beamter. In seinem weiteren Leben widmete er sich zahlreichen wissenschaftlichen Studien.
Er starb am 8.April 1835 in Tegel.
Gymnasiale Formen vor den Humboldtschen Reformen
Das Wort Gymnasium ist griechischen Ursprungs und stammt von dem Wort âgymnosâ ,was soviel wie ânacktâ bedeutet. Das âgymnasionâ war eine Art Trainingsplatz fĂŒr Jugendliche, jedoch wurde es ab ca. 400 v. Chr. auch fĂŒr musische und geistige Bildung genutzt.
Im Mittelalter wurde der Begriff fĂŒr die neuentstandenen Dom- und Klosterschulen gebraucht. In den humanistischen Gelehrtenschulen des 16. Jahrhunderts waren Griechisch und Latein hauptsĂ€chlich Stoff des Lehrplans. Im 17. Jahrhundert kamen schlieĂlich noch Deutsch und Mathematik dazu. Auch sie sollten, wie heute, die Voraussetzungen fĂŒr eine akademische Ausbildung schaffen. Ebenso wurde damit der Grundstein fĂŒr den spĂ€teren FĂ€cherkanon des neuhumanistischen Gymnasiums gelegt, wie es von Humboldt konzipiert wurde.
Wirkungen bis in die Gegenwart
Durch Wilhelm von Humboldts humanistisches Gymnasium erlangen die SchĂŒler bis zum heutigen Tage eine zweckfreie Persönlichkeitsbildung und werden auf das UniversitĂ€tsstudium vorbereitet. Seine Schulgliederung und Ziele haben somit immer noch GĂŒltigkeit.
Die preuĂischen Reformen ab 1807
Durch die Niederlage in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt 1806 kam es zum Zusammenbruch des friderizianischen Staatssystems. Daraufhin konnte Napoleon seinen Machteinfluss auf das ganze deutsche Gebiet ausdehnen.
In PreuĂen erkannten fortschrittliche Personen, wie die Politiker von Stein und von Hardenberg, die Notwendigkeit von Reformen, um sich von der fremden Oberherrschaft zu befreien. Zu den wichtigsten Neuerungen gehörten unter anderem eine Verwaltungsreform, die Aufhebung der bĂ€uerlichen ErbuntertĂ€nigkeit, die Schaffung einer allgemeinen Wehrpflicht sowie wichtige wirtschaftliche Reformen. Aber auch eben eine Bildungsreform, die unter der Leitung des Erziehungsministers Wilhelm von Humboldt bis 1812 ausgearbeitet wurde, gehörte dazu.
Das Gymnasium nach den Humboldtschen Reformen
Diese neue Form des Gymnasiums ist ein Produkt der geistigen Strömung des Neuhumanismus. Dies war verbunden mit einer neuerlichen Zuwendung zum klassischen Altertum. Getragen wurde die Bewegung auch von bedeutenden Schriftstellern der deutschen Klassik wie Schiller oder Herder. Ab 1809 wurden nun in PreuĂen alle Schulen, die auf eine UniversitĂ€tsstudium vorbereiten, Gymnasium genannt.
Da diese Schulform vom Neuhumanismus inspiriert wurde, verwundert auch nicht der vor allem altsprachlich geprÀgte FÀcherkanon. Latein und Altgriechisch wurden die HauptfÀcher. Denn um am Ende eine allgemeine Bildung zu erlangen, bedurfte es, so meinte es zumindest Humboldt, vor allem umfassender Kenntnis der Antike.
Neben der Absicht, das gesamte Bildungswesen der staatlichen Aufsicht zu unterstellen, verfolgte er parallel dazu das Ziel, im zivilen Bereich ein eigenverantwortliches und qualifiziertes Personal heranzubilden. Als zentrale AbschlussprĂŒfung wurde das Abitur eingefĂŒhrt. Es war fortan die Hochschulzugangsberechtigung.
Fortleben der Humboldtschen Reformen
Das von Humboldt begrĂŒndete Gymnasium erfuhr bis heute zahlreiche Wandlungen.
1890 wurde die mathematisch-naturwissenschaftliche Oberrealschule eingerichtet. 1900 folgte das Realgymnasium, eine neusprachliche Schule. 1925 wurde schlieĂlich die Deutsche Oberschule eingefĂŒhrt. Die drei spĂ€ter geschaffenen Gymnasialformen waren der ersten altsprachlichen Form gleichberechtigt.
WĂ€hrend der nationalsozialistischen Herrschaft wurde die Zahl der humanistischen Gymnasien stark reduziert und wurden die anderen Typen zur Oberschule zusammengefasst.
Wilhelm von Humboldt als Namenspatron
Vor 200 Jahren wurde unsere Schule gegrĂŒndet. Damals, als eine Art Oberschule fĂŒr MĂ€dchen, ein Lyzeum, erhielt sie spĂ€ter den Namen der preuĂischen Königin Luise. Nordhausen gehörte mehr als zweihundert Jahre zu PreuĂen.
Nach wechselvoller Geschichte nahm die Schule im Herbst 1945 im arg zerstörten Nordhausen die Arbeit wieder auf und erhielt nunmehr den Namen Wilhelm von Humboldts. Diesen Namen fĂŒhrt sie bis heute, nunmehr ĂŒber 60 Jahre. FĂŒr viele ihrer Absolventen und viele NordhĂ€user BĂŒrger ist die Humboldt-Schule, das Humboldt-Gymnasium ein fester Begriff. Das zurĂŒckliegende JubilĂ€umsjahr legt natĂŒrlich die Frage nach dem Namenspatron nahe, die Frage nach der IdentitĂ€t jenes Mannes, dessen Name inzwischen viele tausend Abiturzeugnisse allein aus unserer Stadt ziert, den aber auch eine (die Ă€ltere) der Berliner UniversitĂ€ten trĂ€gt.
Wilhelm von Humboldt wurde 1767 in begĂŒterten und bildungsbeflissenen VerhĂ€ltnissen im Kernland PreuĂens, in Brandenburg, geboren. Der berĂŒhmte Naturforscher Alexander von Humboldt war sein Bruder. Wilhelm von Humboldt genoss eine elitĂ€re Erziehung und Ausbildung, deren krönender Abschluss der Besuch mehrerer UniversitĂ€ten war.
Im preuĂischen Staatsdienst war er erfolgreich tĂ€tig, sowohl vor, als auch wĂ€hrend und nach den Napoleonischen Kriegen. Er war Diplomat in vielfĂ€ltigen Missionen. Aber das prĂ€destiniert ihn nicht als Namensgeber fĂŒr ein Gymnasium. In der Zeit der Krise des preuĂischen Staates, der Zeit der Reformen (hauptsĂ€chlich zwischen 1807 und 1813) war Humboldt Kultusminister mit weitreichenden Vollmachten. Innerhalb kĂŒrzester Zeit baute er das gesamte Schulwesen um. Mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit, Konsequenz und Kraft reformierte und modernisierte er es grĂŒndlich. Auch setzte er eine Vereinheitlichung als Ablösung der vorher bestehenden Vielfalt in einzelnen StĂ€dten und Provinzen durch.
Wesentliche Momente dieser Erneuerung tragen bis heute, so zum Beispiel die Dreistufigkeit von Grundschule, Gymnasium und UniversitĂ€t, die Hochschulausbildung von Lehrern fĂŒr Gymnasien oder die zentrale AbschlussprĂŒfung, das Abitur, deren Bestehen zum Studium an einer Hochschule bzw. UniversitĂ€t befĂ€higt. Auch Teile des Kanons von UnterrichtsfĂ€chern gehen auf Humboldt zurĂŒck, allerdings hat es hier seit den Zeiten des legendĂ€ren preuĂischen Erziehungsministers natĂŒrlich viele Modernisierungen gegeben. Am meisten wirkt bis heute noch das Persönlichkeitsbild nach, welches Humboldts Ideal war â der umfassend gebildete und befĂ€higte junge Mensch.
Nur wenige andere Personen haben das Schul- und UniversitÀtswesen der vergangenen zweihundert Jahre so nachhaltig geprÀgt wie Humboldt.
Humboldt war ein sehr vielseitiger Mensch. Neben seiner TĂ€tigkeit als Diplomat und Kultusminister war er UniversitĂ€tsgrĂŒnder in Berlin und Sprachwissenschaftler. Ein Netz von Kontakten verband ihn mit den GeistesgröĂen seiner Zeit.
In unsere Gegend hinein reichen auch Aspekte seines Privatlebens. Seine Frau Karoline stammte aus einer Familie, die im ThĂŒringischen beheimatet war. Daher verbrachte er auch etliche Monate mit seiner Frau in Auleben, wo das damalige Wohnhaus des prominenten Paares noch heute âHumboldt-Schlossâ heiĂt. Dort widmete er sich weniger der Politik als vielmehr sprachwissenschaftlichen Studien.
Der Name Wilhelm von Humboldts sollte auch heute noch Signalwirkung haben, sollte auch heute noch Ansporn sein, den Geist der Erneuerung, der Bildung und des FĂ€higkeitserwerbs zu leben.
Dr. Albrecht Klose